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Diablo Immortal – Wie Blizzard um die eigene Glaubwürdigkeit bangt – Eine Kolumne

Beitrag vom 4. 11.18

Hallo zusammen,

nach der großen Enttäuschung auf der Eröffnungszeremonie (Opening Ceremony) brauchte Blizzard so etwas wie einen Blitzableiter. Interessanterweise gab es nicht nur im Internet, dies hätte man ja als bloße Trolle und Hate auslegen können, sondern auch auf der Blizzcon selbst viel Kopfschütteln und eine Prise an Galgenhumor. So habe ich in den letzten beiden Tagen immer wieder den Satz zu lesen bekommen “put it on mobile !”.

Für Blizzard selbst geht es hier gerade nicht nur um den bloßen Umgang mit Shitstorms, ob nun durch das Neuaufsetzen von Videos oder das Löschen von fragwürdigen Kommentaren, aus ihrer Sicht zumindest, sondern vor allem um die eigene Glaubwürdigkeit. Es ist doch kein Wunder, dass auf dem zweiten Panel gestern Nacht Wyatt Cheng mit einem Augenzwinkern immer wieder ansprechen wollte, dass sie an “multiple Diablo projects” arbeiten.

Dieses “wir arbeiten daran” soll hier so einiges beschwichtigen, nur hilft es ehrlich gesagt nicht so richtig weiter. So ist der gesamte Zeitraum bis zur Veröffentlichung noch so lange hin, mich würde selbst 6 Monate schon echt überraschen, und dies unterstreicht den Eindruck, was viele PC-Spieler seit gut zwei bis drei Jahren mit Diablo III aushalten müssen. Solche Spieler gieren förmlich nach Neuigkeiten, nach Patches, nach einer Weiterentwicklung, und alles, was sie bekommen, ist ein Mobile Game, ob nun später in ansprechender Qualität oder nicht, das ihnen durch die Blume mitteilen lässt, Mobile > PC.

Ich persönlich bin kein Fan von dem Ausdruck “PC Master Race”. Wir leben im Jahr 2018 und nicht mehr im Jahr 2000, von daher ist es aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen von Blizzard verständlich, diesen Markt für sich erschließen zu wollen, gerade im Hinblick auf Asien. Nur sind die PC-Spieler es eben, wenn man mal die Konsolen-Portierungen die letzten Jahre außer Acht lässt, die aus Diablo genau das Franchise gemacht haben, was ich so liebe, bis heute.

Mir war ja klar, dass Diablo IV “noch” nicht weit genug ist, nur dann hätte man sich über eine andere Präsentation Gedanken machen können. Wieso Diablo zum Schluss der Eröffnungszeremonie, und wieso nur dieses eine der ach so vielen Projekte, die ja gerade in der Pipeline sein sollen ?

Auch wenn ich mich gerade unbeliebt machen sollte, irgendwie hat mir Wyatt Cheng echt leid getan. Er war bis jetzt immer ein Entwickler mit höchster Expertise und einer großen Leidenschaft. Dass er nun “Diablo Immortal” einer Masse an Spielern präsentieren muss, die ihm zum Großteil nur Unverständnis und sogar Wut entgegenbringen, hat er irgendwie nicht verdient. Er selbst muss nun das ausbaden, was wahrscheinlich andere Personen entschieden haben.

Fakt ist, es gibt gerade mehrere Teams an verschiedenen Projekten. Fakt ist auch, Blizzard selbst hat einen Hype aufgebaut, der ihnen später zu gefährlich wurde, weshalb sie dann auch durch einen Blue Post hier wieder abschwächen wollten. Darüber hinaus habe ich bei allen drei Präsentationen den Entwicklern teilweise die echte Überzeugung auch nicht abgenommen. Genau diese Leidenschaft und völlige Hingabe konnte man einfach nicht herauslesen, wieso auch immer.

“Diablo Immortal” ist, auch wenn man es gerade nicht lesen oder hören mag, der zweite Aspekt von dem, was ich seit Monaten als “Stand by Mode” bezeichne. Es geht nur noch darum, die Lücke zu füllen. Wenn sie gar nichts präsentiert hätten, auch dies haben einige User im Internet geschrieben, dann wäre es meiner Meinung nach aber auch nicht besser gewesen. Wir wollen etwas zu Diablo hören, selbst wenn es nur ein Mobile Game ist.

Dass nach dem ersten Panel das zweite Panel anders verlaufen würde, war auch absolut klar. Ich habe mir trotzdem die Nacht (ab 01.45 unserer Zeit) gedacht, was sie uns allen damit eigentlich sagen wollen. Sie sind auf die Story eingegangen, zwischen Diablo II und Diablo III, sie haben die neuen Zonen und Dungeons gezeigt und zuletzt die Klassen. Sind wir doch mal ehrlich, die Diablo-Spieler, die danach gieren kennen zumindest die Basis der Story auswendig, denen braucht man nicht erklären, was ein Barbar an Fähigkeiten besitzt. Ich hatte mir gewünscht, dass sie etwas mehr Gameplay  zeigen, dies haben sie aber nur in wenigen Minuten.

Was sie uns gezeigt haben, gerade in dem zweiten Panel, sieht jedoch hochwertig aus. Nur wirkt es bei der Präsentation auf meinem Monitor eben wie ein “echtes” Diablo auf dem PC. Blizzard hier vorwerfen zu wollen, dass es nur ein Re-Skin von früheren Spielen des chinesischen Entwicklers sein soll, finde ich absolut zu plakativ und zu einfach. Es wirkt schon durchdacht, die Grafik und die Animationen gefallen mir, und auch das Setting. Es gibt wenige Gründe, weshalb man es nicht einmal austesten sollte. Nur kam später eben auch wieder der große Dämpfer.

Das Q&A, was noch kurz vor Schluss auf der Tagesordnung stand, wurde nun sehr kurz gehalten, glaube maximal 5 Fragen. Blizzard wollte nun absolut nicht noch einen weiteren Shitstorm, keinen zweiten “Red Shirt Guy”, der fragt, ob es sich hier um einen verspäteten “April´s Fool” handelt. Es war einfach nur Schadensbegrenzung, was auch ganz gut bis dahin geklappt hat. Nur, als es dann um die Frage nach dem Finanzmodell ging und extrem ausgewichen wurde (Micro-Transactions ?!), da hatte ich dann auch wieder keine Lust.

Ich bin seit Jahren ein Fan der Spiele dieses Entwicklers und hoffe dies auch in Zukunft bleiben zu können. Der Weg, den Blizzard aber im Moment einschlägt, beinhaltet jedoch großes Konfliktpotenzial. Wenn nicht mal mehr die Entwickler davon wirklich überzeugt sind, wenn dies alles gerade nur ein Lückenfüller-Projekt darstellen soll, dann können sie von den leidenschaftlichen, teilweise auch über das Ziel hinausschießenden, Fans auch nicht verlangen, dass einfach alles abgesegnet wird.

Es geht gar nicht um das Mobile Game, es geht auch nicht um das Outsourcing, sondern es geht vielmehr um die Frage, wie glaubwürdig sind hier noch die wichtigsten Beteiligten und ist dies erst der Anfang von Blizzard, nicht nur in Bezug auf Diablo, was man vielleicht als “Activisionisierung” (Bezeichnung selbst ausgedacht) sarkastisch bezeichnen mag ?

Spätestens zur Ankündigung von Diablo IV erhoffe ich mir ein ganz klares Nein zu dieser Frage. Spätestens dann möchte ich mein Blizzard zurück, das Diablo wirklich liebt und nicht nur so oft wiederholt, bis sie es selbst glauben.

Time will tell …

Quelle (Bild ; frei verfügbar): pixabay

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